Antoine Brumel (1460-ca.1515): Messen (Parallelinterpretationen)

Die hier überhaupt erstmals in je zwei Aufnahmen präsentierten "Missa Sex Vocum" und "Missa de martiribus" (beide: Brno, Archiv Mesta Brna fond V 2 Svatojakubská knihovna, sign. 15/4), wurde nach einer Transkription von Clemens Goldberg erstellt. Die Aufnahme der "Missa de Drings" (Publiziert Venice: Ottaviano Petrucci, 1509.) wurde basierend auf einer einer Edition von Tim Risher produziert . Da Brumel wie seine Zeitgenossen in der Regel vierstimmige Messkompositionen verfasste, gehört diese Messe - a sex vocum neben der bekannten zwölfstimmigen Messe „Et ecce terrae motus“ - zu den besonders klangprächtigen Werken Brumels.Aber auch die beiden vierstimmigen Messen "de Martiribus" und "de Drings" sind große und kunstvoll komponierte Renaissance Kompositionen.
Ihrer Realisation liegen die Annahme zugrunde dass geistliche Musik zumal das Messordinariums im historischen Kontext ausschließlich mit männlichen Stimmen vorgetragen wurde. Das galt sicher auch für Antoine Brumel, der selbst während seiner Tätigkeit an Notre-Dame Paris mit der Leitung des dortigen Knabenchores bertraut war.
Die zwei hier präsentierten Besetzungsexperimente gehen davon aus, dass es entgegen der heute üblichen Praxis historisch eigentlich völlig unsinnig ist, diese Musik mit Frauenstimmen zu realisieren. In den hier präsentierten Aufnahmen sind also alle Stimmlagen mit männlichen Stimmen besetzt. das heißt, dass die höchsten Lagen mit Knabenchor oder Knabensolisten und sehr hohen Tenorlagen realisiert werden.
- "Solistische Besetzung": Es erscheint mir zwar gleichermaßen realistisch diese Musik in der heute so sehr favorisierten solistischen Besetzung der Stimmlagen zu interpretieren, selbst wenn ich die momentane Bevorzugung solcher Besetzungen auch dem transparenten Klangideal unserer heutigen Musikreproduktionstechniken zuschreibe.
- "Chorische Besetzung": Es erscheint mir aber gerade bei einem Leiter des Knabenchors von Notre Dame sehr wahrscheinlich, die Stimmlagen durchaus chorisch zu besetzen.
Da beide in der Besetziungsstärke unterschiedene Interpretationen auch ganz unterschiedliche Klangeindrücke dieser Musik ermglichen sind sie hier als Parallelinterpretationen einander gegenüber gestellt.