Interpretationen im Klangbild von drei Jahrhunderten. Sie versuchen mit heutigen Mitteln den Unterschieden der Akustik von Aufführungsräumen, der verwendeten Instrumente und der Spielweisen wie der in den Kadenzen gezeigten Form von Virtuosität zu berücksichtigen. Die Unterscheidungen nach Jahrhunderten sollen hier die jeweils bis zum Ende des Jahrhunderts etablierten Klangcharaktere zusammenfassen.
18. Jhd. Auch wenn die Konzerte zwischen 1787 und 1810 also überwiegend im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhundert komponiert wurden, gehe ich davon aus, dass die Orchester, Aufführungsräume und Spielweise noch immer von den Traditionen des 18. Jahrhunderts geprägt sind. Das macht den historischen Klang des 18. Jahrhunderts auch noch für diese Werke interessant.
Zeremoniensaal in Barockschloss Gödöllö (1745). Der hohe, aber mit ca. 200 Sitzplätzen eher kleine Saal hat einen vollen aber sehr klaren Raumklang.
Broadwood Flügel (1796) Das von Beethoven bevorzugte Instrument ist obertonreicher und weniger voluminös im Klang als der moderne Konzertflügel
Kleine Streichergruppen und ein weitgehender Verzicht auf romantisches Vibrato stehen für einen eher transparenten Klang.
Streichergruppen: 8 I. Geigen, 6 II. Geigen, 5 Bratschen, 5 Celli, 4 Kontrabässe)
Bläser sind jeweils zweifach, also ein Spieler pro Stimme besetzt. Holzflöten, Barockoboen aber auch Naturhörner bzw. Naturtrompeten lassen die Bläser nicht so stark aus dem Gesamtklang hervorstechen wie die seit dem 19. Jahrhundert weiter entwickelten Bauformen dieser Instrumente .
19. Jhd. Die meisten Errungenschaften des Instrumentenbaus im 19. Jahrhunderts setzen sich erst deutlich nach der Komposition von Beethovens Konzerten durch.
Concertgebouw Amsterdam (1886). Der nach dem "Schuhschachtel-Prinzip" konzipierte mit ca. 1970 Sitzplätzen grosse Saal gehört mit dem Wiener Musikvereinssaales oder der Tonhalle Zürich zu akustischen Vorbildern vieler Konzerthäuser des späten 19. Jahrhundert. Er hat einen vollen aber sehr ausgewogenen Raumklang.
Blüthner Konzertflügel (1895) Die Klavierbauer Blüthner gehörten im späten 19. Jahrhundert zu den wichtigsten von vielen Interpreten bevorzugten Flügelbauern. Auch wenn technisch schon viel dem modernen Konzertflügel ähnlich ist, hat sich die Reinheit des glockenartigen Klangideals moderner Konzertflügel noch nicht vollständig durchgesetzt. Ein durch Aliquotseiten unterstütztes reicheres Obertonspektrum gibt dem Blüthner-Flügel seinen ganz eigenen Charakter.
Die Streichergruppen sind gegenüber dem 18. Jahrhundert vergrößert. Die Spielweisen beseelen den Ton durch romantisches Vibrato und Portamenti, für einen besonders emotional ansprechenden gesanglichen Klang.
Streichergruppen: 14 I. Geigen, 12 II. Geigen, 10 Bratschen, 8 Celli, 6 Kontrabässe)
Bläser sind meistens immer noch jeweils zweifach, also ein Spieler pro Stimme besetzt. Böhmflöten, Wiener Oboen, Klarinetten mit deutschem Klappensystem aber auch Wiener Hörner bzw. Ventiltrompeten lassen die Bläser vor allem heller aus dem auch insgesamt volleren Gesamtklang hervorstechen.
20. Jhd. Neu für die Diskussion um historisch informierte Interpretationen, ist in diesem Projekt die Einstufung der Interpretation des 19. Jahrhunderts als ebenfalls historisch und von der des 20. Jahrhundert in mehrfacher Hinsicht so deutlich verschieden, dass man eine moderne Beethoveninterpretation nicht mehr automatisch mit der romantischen Auffassung des 19. Jahrhunderts gleichsetzen kann.
Berliner Philharmonie (1963). Der zeltartige asymmetrisch konzipierte mit ca. 2300 Sitzplätzen grosse Saal ist zum akustischen Vorbildern vieler Konzerthäuser des späten 20. Jahrhundert geworden. Er hat einen grossen aber dennoch sehr transparenten Raumklang.
Steinway D (1951) Steinways sind im 20. Jahrhundert die von den meisten Interpreten bevorzugten Flügel. Ein besonders ausgewogen klarer durchdringender Klang hat ein großes dynamisches Farbspektrum. (zum Vergleich von Beethovens op.15 mit 12 verschiedenen gesampelten modernen Konzertflügeln)
Die Streichergruppen sind gegenüber dem 19. Jahrhundert weiter vergrößert und erreicht eine noch größere Klangfülle. Die Spielweisen beruht noch sehr auf dem romantischen beseelten Vibrato.
Streichergruppen haben bis zu 18 I. Geigen, 16 II. Geigen, 14 Bratschen, 12 Celli, 8 Kontrabässe)
Bläser sind stäker also auch pro Stimme mehrfach besetzt. Böhmflöten, Französische Oboen, Klarinetten mit französischem Klappensystem aber auch Weiterentwicklungen wie das Triple Horn bzw. Ventiltrompeten machen die Bläser im Gesamtklang präsenter und beweglicher.